Ich vibriere. Mein Körper steht unter Spannung. Mist. Ich habe heute noch nichts geschafft – gefühlt.
Ich habe ein paar Telefonate geführt und mich verquatscht. Habe mich ablenken lassen durch E-Mails und Facebook. Ich fühle mich als hätte ich den ganzen Tag die gesamte Staffel „Die Schwarzwaldklinik“ geschaut.
„Barbara! So kann das nicht weitergehen. Du hast wieder mal gar nichts hinbekommen. Schau Dir an, was die anderen alles schaffen und Du?“
Damit hatte ich gerechnet. Ich war vorbereitet. Ha! Und ich wusste jetzt, was zu tun war.
Kurzer Rückblick.
Vor zwei Tagen hatte ich eine Eingebung. Mit der Klarheit eines geschliffenen Bergkristalls kam mir der folgende Satz in den Sinn:
„Ab jetzt gehe ich nur noch liebevoll mit mir um! Ich werde nie wieder mit mir schimpfen.“
Nicht, dass ich mir das nicht schon öfters mal vorgenommen hätte, nur vorgestern hatte diese Intuition eine Bestimmtheit und Kraft wie niemals zuvor. Ich verbrachte zwei herrliche Tage, an denen ich sehr achtsam und rücksichtsvoll mit mir umging und als Nebeneffekt richtig gut vorankam.
Wie einfach doch alles sein kann.
Gleichzeitig ahnte ich, dass das nicht ohne Unterbrechnung einfach so bleiben würde. Ich rechnete damit, dass irgendwann die alten Stimmen, die auf mir rumhackten, wieder auftauchen würden.
Und jetzt ist es tatsächlich soweit. Ich freue mich, weil ich es dieses Mal sofort merke und ohne groß zu überlegen das große achteckige, knallrote Schild mit den Buchstaben
S-T-O-P-P heraushole.
„Ich werde nie wieder so mit mir schimpfen und mich fertig machen. Nie wieder!“
Sofort erinnere ich mich an die Zeit bei meiner Oma. Wenn ich sie besuchte, saßen wir abends am Esstisch vor laufendem Fernseher. Ich wurde nur verwöhnt und musste gar nichts machen. Fernsehgucken beim Essen war nicht verboten, sondern erwünscht. Sie fragte mich nicht aus, wie z.B. Was macht die Schule? Was machen die Noten? Wie ist das Klavierspielen?
Oma schaute mich immer mit liebevollem Blick an und sagte einfach nur:
„Barbara, Du bist ein gutes Kind.“
Nicht mehr. Ohne wenn und aber.
„Du bist ein gutes Kind.“
Mir kommen die Tränen vor Erleichterung in die Augen. Das waren die allerschönsten Momente in meiner Kindheit. Einfach nur sein und das Gefühl zu haben, so geliebt zu werden, wie ich bin.
Mit diesem Gefühl, stehe ich jetzt vom Schreibtisch auf und steige ins Auto. Ich fahre zum Leuchtturmweg und setze mich auf meine Lieblingsbank unter einer Eiche mit herrlichem Blick auf die Elbe. Ich schaue aufs Wasser.
Mit weichem Blick und liebevoller Stimme sage ich mir:
„Barbara, Du machst das alles gut. Du bist auf dem richtigen Weg. Du folgst Deinem Herzen und Deinem guten Gefühl. Das ist immer richtig. Und das ist mutig.“
Ich bin entspannt.
Liebe Oma, danke, danke, danke, dass Du mir das beigebracht hast.
Barbara, dieser Text ist klasse. Er ist klar, voller guter Ideen und ich glaube Dir jedes Wort. Deine Sprache wird immer besser. Ich hatte auch so eine Oma. Du weißt sicher, dass solche Omas unsterblich sind. Sie bleiben immer bei uns. Sozusagen als „innere Oma“. Olav